Zeugenbeistand und Strafverteidiger

„Ich muss gar nichts, insb. muss ich nicht mit der Polizei reden!!“ … tja! Pustekuchen! ab jetzt muss auch der Zeuge ran!!!

In den zurückliegenden Tagen sind wesentliche Änderungen im Strafverfahrensrecht in Kraft getreten. Diese betreffen nicht nur den Beschuldigten, der einer Straftat verdächtigt wird und damit klassischerweise im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, und seinen Verteidiger, sondern auch den „unbescholtene“ Zeugen.

Bislang wurden potentielle Zeugen einer Straftat – auch nach dem sie vor Ort bereits befragt wurden – im Rahmen der laufenden Ermittlungen von der Polizei nochmals angeschrieben und um Hereingabe einer schriftlichen Zeugenaussage gebeten oder zur Zeugenbefragung von der Polizei zum Gespräch gebeten. Weder der polizeilichen Aufforderung zur Abgabe einer schriftlichen Aussage, noch der Ladung auf das Revier, mussten Zeugen nach alter Rechtslage Folge leisten. Eine Verpflichtung zum Erscheinen oder Abgabe einer Erklärung gegenüber der Polizei bestand nicht. Erst bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht wurde es ernst und Angaben zur Sache fällig.

Durch die Neuregelung (§ 163 Abs. 3 StPO) sind Zeugen nun auch im Ermittlungsverfahren auf entsprechende Ladung durch die Polizei verpflichtet, bei dieser zu erscheinen und eine Aussage zu tätigen (und sei es auch nur, um dort abzugeben, dass man tatsächlich keinerlei Angaben zur Sache machen kann). Leistet man dieser Pflicht keine Folge, drohen Ordnungsgelder und im Extremfall Ordnungshaft. Die gerade bei Verkehrsunfällen oder Schlägereien zu beobachtende Praxis, dass Zeugen auf Anschreiben der Polizei nicht reagieren und weder persönlich vorsprechen, noch eine Schilderung der in Rede stehenden Vorkommnisse zu Papier bringen und zurückreichen, dürfte damit bald Geschichte sein. Der ein oder andere Zeuge wird bis dahin vielleicht böse überrascht. Dass durch die Neuregelung die ohnehin wohl nicht all zu große Bereitschaft von Personen, sich als Zeuge von Straftaten und Verkehrsunfällen zu erkennen zu geben, gesteigert wird, darf bezweifelt werden. Schwierig dürften daneben Konstellationen werden, in denen die strafrechtlich relevante Einbindung von Zeugen in das Tatgeschehen noch gar nicht klar ist; der Zeuge daher – auch aufgrund seiner Aussage – selbst in den Blick der Polizei gerät.

Allerdings muss der als Zeuge Geladene nicht ohne Begleitung bei der Polizei erscheinen. Ebenso wie der Beschuldigte darf auch der Zeuge einen Rechtsbeistand hinzuziehen und zur Vernehmung mitbringen (§ 68b StPO, sog. Zeugenbeistand). Ist erkennbar, dass der Zeuge seine Befugnisse im Rahmen der Vernehmung nicht sachgerecht wahrnehmen kann, ist ihm ggfls. sogar ein Rechtsanwalt beizuordnen.

…Schöne neue Welt.

Bevor Sie Angaben bei der Polizei machen, die Sie im zweiten Schritten bereuen könnten, lassen Sie die Angelegenheit lieber durch einen Anwalt prüfen. Wir sind gerne behilflich.

Eigenheim im Trennungsjahr

Familienrecht trifft Sozialrecht: Hartz IV und das Eigenheim! keine Verwertungspflicht im laufenden Trennungsjahr!

SGB II (sog. Hartz IV) – Leistungen erhalten nur hilfebedürftige Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht anderweitig durch ihr Einkommen und den zumutbaren Einsatz vorhandenen Vermögens decken können. Zum vorrangig einzusetzenden Vermögen gehören grundsätzlich auch vorhandene Immobilien. Privilegiert sind lediglich selbst genutzte Hausgrundstücke oder Eigentumswohnungen von angemessener Größe. Sie bilden nach der gesetzlichen Definition kein berücksichtigungsfähiges Vermögen. Was passiert aber, wenn ein Ehegatte anlässlich der Trennung von seinem Partner aus dem bislang gemeinsam genutzten und bewohnten Haus auszieht. Ab wann verliert das Familienheim nach der Trennung seine bevorrechtigte Stellung und muss verwertet werden?

Zu dieser Frage hat sich vor einigen Monaten das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Entscheidung vom 31.05.2017, Az. L 13 AS 105/16) geäußert. In dem zugrunde liegenden Fall wurden der Klägerin nach der Trennung von ihrem Ehemann und dem Auszug aus dem gemeinsamen Familienheim beantragte Leistungen nach der SGB II versagt. Die Behörde stellte sich auf den Standpunkt, die Klägerin müsse nach dem Auszug die Immobilie veräußern, um damit vorrangig ihren Lebensunterhalt zu sichern. Bis zur Verwertung wurden der Klägerin nur darlehensweise Hartz IV-Leistungen gewährt. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie verwies darauf, dass die Trennung von ihrem Ehemann erst vor kurzem erfolgt sei. Das im Familienrecht für die Scheidung bedeutsame Trennungsjahr sei noch nicht abgelaufen, die Ehe noch nicht endgültig zerrüttet. Es stünde noch nicht fest, ob es bei der Trennung bleibe oder sich die Ehegatten nochmals versöhne. Das Landessozialgericht entschied zu Gunsten der Klägerin. Während des Trennungsjahres besteht nach Auffassung des Gerichts regelmäßig keine Pflicht zur Verwertung der Immobilie. Zwar würde die Immobilie mit dem Auszug nicht mehr selbst genutzt, müsste damit also grundsätzlich verwertet werden. Mit Blick auf die familienrechtlichen Wertungen, wonach die Scheidung grundsätzlich erst nach Ablauf eines Trennungsjahres möglich ist, stelle die Veräußerung für die Klägerin jedoch eine unzumutbare Härte dar. Das Trennungsjahr solle die Ehegatten vor vorschnellen Scheidungsentschlüssen bewahren. Mit einer Verwertungspflicht würde der ausgezogene Ehegatte demgegenüber gezwungen, vorschnell Fakten zu schaffen und der ehelichen Gemeinschaft noch vor Ablauf des Trennungsjahres die Grundlage zu entziehen. Nach Ablauf des Trennungsjahres könne der Hilfebedürftige jedoch zur Veräußerung des ehemaligen Familienheimes „verpflichtet“ werden.

Wir stehen für alle Fragen rund um Trennung und Scheidung zur Verfügung!

Umgangsrecht von Großeltern und Dritten?

Ja, aber ….

Nicht nur Eltern, sondern auch Großeltern und (Halb-) Geschwister sowie enge Bezugspersonen können u.U. ein Recht auf Umgang mit einem Kind haben. Während das Recht der Eltern auf Umgang mit ihrem Kind jedoch aus dem auch verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens folgt und grundsätzlich nur ausnahmsweise eingeschränkt und ausgeschlossen werden kann, wenn dies zum Wohl des Kindes (z.B. bei Gewalttätigkeiten des umgangsberechtigten Elternteils) erforderlich ist, wird Dritten nur unter eingeschränkten Voraussetzungen ein einklagbares Umgangsrecht eröffnet. Das Recht Dritter auf Kindesumgang setzt positiv die Feststellung voraus, dass der begehrte Umgang dem Kindeswohl förderlich ist. Die Möglichkeit zum Umgang, z.B. mit den Großeltern, besteht also nicht automatisch und muss nicht generell gewährt werden. Ein Umgangsrecht der Großeltern besteht so dann nicht, wenn zwischen diesen und den Eltern schwerwiegende Streitigkeiten bestehen oder das Verhältnis zwischen den Generationen wegen abweichender Lebensanschauungen und unterschiedlicher Auffassungen zur Erziehung zerrüttet ist. In solchen Situationen ist befürchten, dass das betroffene Kind zwischen die Fronten und damit in einen dem Kindeswohl regelmäßig nicht dienenden Loyalitätskonflikt gerät.

Dies hat der Bundesgerichtshof aktuell noch einmal in einer Entscheidung (Beschluss vom 12.07.20017, Az. XII ZB 350/16) bekräftigt. Im Ausgangsverfahren hatten sich die Großeltern um Umgangskontakte mit ihren im Jahr 2008 und 2006 geborenen Enkelkindern bemüht: Nachdem der Kontakt im Jahr 2009 zunächst abgebrochen wurde, erfolgte im Jahr 2011 abermals eine Annäherung zwischen den Eltern und Großeltern. Die Antragsteller gewährten den Eltern ein Darlehen, das bei Verweigerung des Umgangs mit den Enkeln allerdings sofort zur Rückzahlung fällig werden sollte. Nachdem sich die Großeltern mit einem mit „Vorfälle von seelischer Misshandlung der Enkel“ überschriebenen Brief an das Jugendamt gewandt hatten, brachen die Eltern den Kontakt abermals ab. Nach Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens und Anhörung aller Beteiligter, hatte das erstinstanzliche und anschließend auch das zweitinstanzliche Gericht den Antrag der Großeltern abgewiesen.
Zu Recht wie der Bundesgerichtshof befand. Der Einräumung von Umgangskontakten stehe zum einen entgegen, dass die befragten Enkelkinder selbst den von den Großeltern gewünschten Kontakt ablehnen würden. Zum anderen würden die Großeltern das Erziehungsprimat der Eltern, wie nicht zuletzt durch ihre Eingabe beim Jugendamt belegt, nicht respektieren, es sei ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen Eltern und Großeltern offensichtlich, dass die Kinder zwangsläufig in einen Loyalitätskonflikt brächte. Insgesamt könne nicht festgestellt werden, dass die begehrten Kontakte dem Kindeswohl dienlich seien.

 

Unterhaltsvorschuss

ab nun gilt sie also – die Ausweitung der Bezugsberechtigung für den sog. Unterhaltsvorschuss.

Während früher Kinder Alleinerziehender, die keinen Unterhalt für die Kinder vom anderen Elternteil erhielten, maximal 72 Monate, längstens jedoch bis zum 12. Lebensjahr Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen hatten, besteht heute bis zum 18. Lebensjahr ohne Beschränkung der Bezugsdauer die Möglichkeit Unterhaltsvorschuss zu beantragen.

Das notwendige Antragsformular können Mandanten mit Wohnsitz in Bocholt nachfolgend herunterladen, vervollständigen und bei der Stadt Bocholt – Fachbereich Jugend, Familie, Schule und Sport, Kaiser-Wilhelm-Straße 77, 46395 Bocholt einreichen.

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Bei allen weiteren Fragen zum Unterhalt, zur Unterhaltsberechnung und zu seiner Geltendmachung stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung.

Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Update: Ungeachtet der in der Wohnung betreuten gemeinsamen Kindern – hat der Ex-Partner nach erfolgter Trennung Anspruch auf Kündigung des gemeinsam begründeten Mietverhältnisses!

Wie in der letzten Woche bereits angerissen (vgl. https://scheidung-bocholt.eu/trennung-mietvertrag), können von Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft zusammen abgeschlossene Mietverträge nur gemeinsam gekündigt werden. Beide Partner müssen die Kündigung des Mietverhältnisses daher zusammen erklären. Können sich die Partner auf eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht verständigen, hat der ausziehende Partner grundsätzlich Anspruch darauf, dass der Ex-Partner bei der Beendigung des gemeinsamen Mietverhältnisses mitwirkt und die notwendige Kündigung miterklärt oder einer von diesem ausgesprochenen Kündigung des Mietvertrages zustimmt. Der Anspruch des Ausziehenden wird auch nicht dadurch berührt, dass der zurückbleibende Ex-Partner vorhandene gemeinsame Kinder in der Wohnung betreut.

Dies hat im Oktober nochmals das LG Berlin (AZ. 63 S 86/16) in zweiter Instanz bestätigt. In dem zugrunde liegenden Fall, hatte sich die Ex-Freundin unter Hinweis auf die in der Wohnung ebenfalls lebenden gemeinsamen Kinder geweigert, der beabsichtigten Kündigung des zusammen abgeschlossenen Mietvertrages zuzustimmen. Ihrer Meinung nach müsse den Kindern ein Verbleib in der Wohnung möglich bleiben. Dieser Argumentation schloss sich das Gericht nicht an. Die von der ehemaligen Lebensgefährtin angesprochene elterliche Sorge gebiete gerade nicht allein die Unterbringung der Kinder in der bisherigen Wohnung des Paares. Anhaltspunkte für eine drohende Obdachlosigkeit der Kinder hätten sich nicht ergeben. Der Ex-Partner hätte nach erfolgter Trennung vielmehr ein berechtigtes Interesse an der baldigen Beendigung des Mietverhältnisses.

Trennung?!

…und dann war da noch der gemeinsame Mietvertrag

Der Auszug ist schon längst vollzogen, die Rückkehr nahezu ausgeschlossen und dann kommt die Frage auf, was mit der Miete für die ursprünglich gemeinsam angemieteten Räume passiert? Allein der Auszug aus der Wohnung lässt die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nicht entfallen. Das böse Erwachen kommt dann nicht selten, wenn der Vermieter sich nach Monaten meldet und unter Hinweis auf die Zahlungsausfälle des ehemaligen Partners Zahlungen von dem Ausgezogenen begehrt. Da die gemeinsamen Vertragspartner sog. Gesamtschuldner sind, kann der Vermieter von jedem der Partner grundsätzlich nach seiner Wahl die komplette Miete verlangen: Jeder der Vertragspartner haftet auf die volle Verpflichtung. Nach erfolgter Trennung sollte daher auch das Mietverhältnis schnellstmöglich auseinanderdividiert werden.

Hierfür bestehen unterschiedliche Handlungsalternativen.

– Wollen die Partner die gemeinsame Wohnung nach der Trennung insgesamt aufgeben, so müssen sie das Mietverhältnis gemeinsam kündigen: es bedarf einer gemeinsamen, beiderseits unterschriebenen Kündigungserklärung gegenüber dem Vermieter.

– Sind sich die Partner darüber einig, dass und wer die ehemals gemeinsamen Räume weiter nutzen darf, können sie sich gemeinsam an den Vermieter mit der Bitte wenden, den Mietvertrag einvernehmlich umzugestalten und einen der Partner aus dem Mietvertrag für die Zukunft zu entlassen. Auf eine solche Umgestaltung des Mietvertrages muss sich der Vermieter allerdings nicht bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einlassen, er ist nicht verpflichtet, einen Partner aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Scheitert eine Vereinbarung zwischen den Partnern und dem Vermieter, bleibt nur der Weg über die gemeinsame Kündigung des Mietverhältnisses. Anders verhält es sich bei einer gescheiterten Ehe. Zumindest im Fall der Scheidung kann das ursprünglich bestehende Mietverhältnis durch eine einseitige Erklärung der ehemaligen Ehepartner gegenüber dem Vermieter in der Form umgestaltet werden, dass der Mietvertrag mit Rechtskraft der Scheidung nur noch mit einem der beiden Geschiedenen fortgesetzt wird. Mit Zugang der Erklärung wird das Mietverhältnis automatisch umgestaltet. Der Vermieter kann sich gegen die Umgestaltung des Mietverhältnisses nicht unmittelbar wehren. Die Entlassung eines Ehegatten aus dem Mietvertrag kann dieser allerdings zur Kündigung des Mietverhältnisses nutzen.

– Können sich die Partner nicht auf einen gemeinsamen Weg verständigen, muss differenziert werden, ob die Partner verheiratet sind oder eine gescheiterte nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt. Bei einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat der Ausziehende einen – auch notfalls gerichtlich einklagbaren – Anspruch gegen seinen ehemaligen Lebenspartner auf Mitwirkung an der gemeinsamen Kündigung des Mietverhältnisses. Der ehemalige Partner schuldet die Unterschrift unter die notwendige gemeinsame Kündigungserklärung.

Sittenwidrige Eheverträge

Am Ende der Liebe: Eheverträge und ihre Regelungen – nicht immer in Stein gemeißelt!

Warum die Beziehungen zwischen den Eheleuten mit Blick auf eine mögliche Trennung oder Scheidung oder dem Tod des Ehegatten nicht den individuellen Vorstellungen und Verhältnissen anpassen? Eheverträge geben den Ehegatten die Möglichkeiten, von den vom Gesetz sonst vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen der Eheschließung, einer Trennung und Scheidung abzuweichen und eine für sie maßgeschneiderte Lösung zu finden, die im Ernstfall bestenfalls Unstimmigkeiten und langwierige Streitereien verhindert. Verträge in diesem Bereich können neben Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes, also Regelungen dazu, was mit den wechselseitig in die Ehe „eingebrachten“ Vermögensmassen passiert, insb. auch Regelungen zum Versorgungsausgleich – also zur Altersversorgung – oder zum Unterhalt enthalten. Interessant sind die so gegebenen Gestaltungs-Möglichkeiten regelmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, für Selbständige oder Personen mit Betriebs- und Gesellschaftsanteilen.

Wegen der möglichen weitreichenden Folgen schreibt das Gesetz für den Abschluss eines Ehevertrages besondere formale Anforderungen auf. Es genügt nicht nur eine mündliche Vereinbarung oder eine schriftliche Verständigung zwischen den (zukünftigen) Eheleuten: Wirksam kann ein Ehevertrag vielmehr nur vor einem Notar geschlossen werden. Der Ehevertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Der Vertrag kann hierbei vor oder nach der Eheschließung, also während der Ehe geschlossen werden.

Der Abschluss unter Einbindung eines Notars bedeutet jedoch immer nicht, dass die zwischen den Eheleuten geschlossenen Vereinbarungen auf Dauer Bestand haben müssen. Auch bei grundsätzlich gegebenen weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten, sind bestimmte Mindeststandards zu wahren. Eheverträge sind so einer Wirksamkeits- und einer Ausübungskontrolle zu unterwerfen. Unwirksam sind danach Regelungen die sittenwidrig sind. Sittenwidrig in diesem Sinn und damit von Anfang an unwirksam sind solche Regelungen des Ehevertrages, die einen der beiden Ehegatten im Vergleich zur gesetzlichen Regelung einseitig, ohne Ausgleich benachteiligen und deren Abschluss Ausdruck einer strukturellen Unterlegenheit des belasteten Ehegatten sind. Ansatzpunkte für eine strukturelle Unterlegenheit eines Ehegatten können der Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmittelbar vor der Eheschließung, das Alter des Ehegatten, seine Herkunft und mangelnden Sprachkenntnisse oder auch das Bestehen einer Schwangerschaft bilden.

Selbst, wenn bei Vertragsschluss keine Anhaltspunkte für sittenwidrigen Regelungen gegeben sein sollten, können Regelungen bei einer maßgebenden Änderung der ursprünglich gegebenen oder angenommenen Lebensumstände unangemessen werden (gute Notarverträge weisen daher auf die regelmäßige Kontrolle des Ehevertrages und die mögliche Anpassung an geänderte Lebensumstände hin). Klassisches Beispiel für solche wesentlich veränderten Umstände ist die bei Vertragsschluss noch angenommene kinderlose Ehe mit einer Berufstätigkeit beider Ehegatten und die sodann tatsächliche Geburt eines oder mehrerer Kinder mit einer Berufsaufgabe. Sollten Regelungen bzw. das Festhalten hieran in diesem Sinn in der Zwischenzeit unangemessen erscheinen, wird dem begünstigten Ehegatten die Berufung auf die nun kritischen Bestimmungen verwehrt. Die Regelungen des Ehevertrages sind an die veränderten Bedingungen anzupassen.

Mit einem Fall sittenwidriger ehevertraglicher Regelungen hat sich Anfang Mai aktuell nochmals das OLG Oldenburg, Az. 3 W 21/17, beschäftigt. Nach der Pressemitteilung des Gerichtes stellte es Im Rahmen eines Erbscheinverfahrens die Nichtigkeit eines Ehevertrages fest, mit dem die das Verfahren betreibende Ehefrau auf Ansprüche auf Zugewinnausgleich und einer Beteiligung an Rentenansprüchen ihres Ehemannes sowie (zumindest teilweise) auf Unterhaltsansprüche verzichtet hatte. Die Ehefrau habe sich nach den Ausführungen des OLG bei Abschluss des Vertrages in einer Zwangslage und deutlich schlechteren Verhandlungsposition befunden: Sie sei zu diesem Zeitpunkt Auszubildende im Betrieb ihres 20 Jahre älteren zukünftigen Ehemannes und hochschwanger gewesen. Bei Nichtabschluss des Vertrages hätte sie die Absage der Hochzeit befürchten müssen. Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages war der Erbanteil der Ehefrau nun um den eigentlich ausgeschlossenen Zugewinnausgleich zu erhöhen.

Es kann sich daher lohnen, ehevertragliche Regelungen im Ernstfall noch einmal kritisch zu hinterfragen.

 

 

Unterhaltsberechnung?!

Die Höhe von Ansprüchen auf Unterhalt lässt man am Besten vom Fachmann erstellen bzw. überprüfen: gesetzliche Bestimmungen bedürfen der Auslegung und Anwendung auf den konkreten Einzelfall. Auch wenn Frauenzeitschriften und Ratgeber für den Scheidungsfall die wesentlichen Stichworte aufgreifen und erläutern, dürfte dem juristischen Laien die rechtssichere Anwendung auf seinen Fall – möglicherweise auch aufgrund einer besonderen emotionalen Einbindung – kaum möglich sein. Es kommt regelmäßig auf die Details an, die ohne Problembewusstsein, gar nicht in den Blick geraten. Zudem sollte man sich klar machen, dass die Rechtsprechung trotz einheitlich geltender gesetzlicher Bestimmungen nicht ohne Weiteres einheitlich ist. Normen werden von Gerichten durchaus unterschiedlich verstanden und angewandt.

In diesem Zusammenhang sind für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm vom Oberlandesgericht (unverbindliche) Leitlinien zur Behandlung unterhaltsrechtlicher Fragestellungen und unterhaltsrechtlicher Fragen erstellt worden, die eine einheitliche Rechtsprechung gewährleisten sollen. Die Leitlinien betreffen nicht nur Fragen des Ehegatten- und Kindesunterhalt, sondern auch des Elternunterhalt. Sie werden jährlich aktualisiert und auf der Homepage des Oberlandesgerichts veröffentlicht. Wer sich vor juristischen Vokabular und einer gewissen Abstraktheit nicht abschrecken lässt, dem sei ein Blick in die Leitlinien durchaus empfohlen. So lässt sich den Leitlinien (auch für den juristischen Laien verständlich) u.a. entnehmen, welche Einkommensarten neben dem regulären Arbeitseinkommen für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, welche Aufwendungen (z.B. für die Fahrten zur Arbeitsstelle) in Abzug zu bringen sind, in welchem Umfang Schulden absetzbar sind und welche Beträge dem Unterhaltsschuldner in jedem Fall verbleiben müssen.

Für den schnelleren Zugriff haben wir die Unterhaltsrichtlinien auf unserer Homepage unter dem Stichpunkt „Service“ verlinkt! Dort finden Sie auch die im Scheidungsverfahren benötigten amtlichen Formulare zum Versorgungsausgleich.

https://scheidung-bocholt.eu/service-formulare-link

Kindesunterhalt – das ändert sich zum 01.01.2017!

Das Jahr beginnt mit wesentlichen Änderungen im Unterhaltsrecht, genauer im Bereich der Ansprüche auf Kindesunterhalt. Es ändert sich auf ein Neues die Bezugsgröße für die Berechnung von Unterhaltsansprüchen. Die Düsseldorfer Tabelle wird zum 01.01.2017 aktualisiert und wartet nun mit höheren Unterhaltsbeträgen für unterhaltsberechtigte Kinder auf. In der niedrigsten Einkommensstufe steigt so der Unterhaltsbedarfsbetrag für Kinder bis zum 5. Lebensjahr um 7 Euro von 335 € auf 342 €, für Kinder vom 6. bis zum 11. Lebensjahr um 9 € von 384 € auf 393 €.
Bei Kindern vom 12. bis zum 17. Lebensjahr wird der Unterhaltsbedarfsbetrag um 10 € von 450 € auf 460 €, bei volljährigen Kindern um 11 € von 516 € auf 527 € angehoben.

Die Beträge für die höheren Einkommensgruppen steigen entsprechend an.

In diesem Zusammenhang machen wir vorsorglich noch einmal darauf aufmerksam, dass sich die Unterhaltshöhe nicht nur bei Anpassungen der Düsseldorfer Tabelle verändert, auch zwischenzeitliche Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen können zu maßgebenden Veränderungen führen. Um solche Veränderungen „nachhalten“ zu können, gibt das Gesetz dem Unterhaltsberechtigten zumindest alle zwei Jahre einen (auch gerichtlich durchsetzbaren) Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten! Auf entsprechende Aufforderung ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen und durch geeignete Dokumente zu belegen. Auf Grundlage dieser Auskunft kann der Unterhaltsanspruch geprüft und sodann neu berechnet werden.

Bei Fragen rund um den Kindesunterhalt bzw. Unterhalt, insb. bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, bei der Überprüfung bestehender Unterhaltstitel, der Abänderung von Unterhaltstitel nach Veränderung der Grundlagen für die Unterhaltsberechnung zugunsten des Unterhaltsberechtigten/Unterhaltsverpflichteten steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Ehegatten-Haftung

„In guten wie in schlechten Zeit“ … Manch einer verbindet damit auch in finanzieller Hinsicht die Begründung einer Haftungsgemeinschaft. Ehegatten haften allerdings nicht allein und nicht automatisch durch die Eheschließung für Verbindlichkeiten ihres Partners! Mit der Heirat werden die jeweils bestehenden Vermögensmassen gerade nicht „zusammengeschmissen“; ganz im Gegenteil: der gesetzliche Güterstand der sog. Zugewinngemeinschaft, der mit der Eheschließung gilt, wenn die Ehegatten keine andere Wahl treffen und notariell festschreiben lassen, trennt die Vermögensmassen der Ehegatten. Begründen die Ehegatten während der Ehe nicht bewusst gemeinsames Vermögen, z.B. durch den Erwerb einer Immobilie zum gemeinsamen Eigentum, entwickeln sich die Vermögen der Ehegatten nach der Heirat völlig unabhängig voneinander, ggfls. auch in unterschiedliche Richtungen. Aus den von einem Partner in eigenem Namen geschlossenen Geschäften wird der andere Ehegatte nicht berechtigt, aber auch nicht verpflichtet. Kann der Ehepartner den von ihm alleine geschlossenen Vertrag nicht erfüllen, ist das zunächst sein „ganz eigenes Problem“, sein Ehegatte muss weder sein Portemonnaie öffnen, um die Forderungen des Gläubigers zu befriedigen, noch die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger seines Partners befürchten. Etwas anderes gilt bei Geschäften, die die Eheleute gemeinsam abschließen, oder Geschäfte, für die der Ehegatte Bürgschaftserklärungen abgegeben hat. Hier übernehmen beide Ehepartner eigene Verbindlichkeiten. Fällt der Partner in diesen Konstellationen aus, so haftet der andere – nicht für seinen Ehegatten, sondern aus einem selbst abgeschlossenen Geschäft.


Das gemeinsame Wirtschaften in der Ehe wird erst am Ende einer Ehe, im Fall der Scheidung, verwirklicht. Hier wird bilanziert: die Entwicklung der Vermögensmassen der beiden Partner werden untersucht: für beide Ehegatten wird der Vermögensbestand am Anfang der Ehe und am Ende der Ehe – zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages – ermittelt und die während der Ehe erwirtschafteten Zugewinne gegenüber gestellt. Der Ehegatte, der den größeren Zugewinn erwirtschaftet hat, hat die Differenz zwischen den Zuwächsen auszugleichen. Einzelne Vermögenszugewinne in der Ehe sind hierbei privilegiert, an ihnen partizipiert der Ehegatte nur teilweise. Gemeinsam abgeschlossene Verträge sind regelmäßig aufzuheben und abzuwickeln.

Bei Fragen des Zugewinnausgleichs und der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Scheidung berät Sie Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz.