Freiwillige Unterhaltszahlungen und Hartz IV

„Jobcenter muss nicht für vertraglich vereinbarte Armut bezahlen“ … so lautet die vielleicht etwas reißerische Überschrift einer am 19.04.2018 veröffentlichten Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen. Mit der Überschrift weist das Gericht auf seine Entscheidung vom 17.04.2018 hin, mit der es die Klage eines Hilfebedürftigen auch in zweiter Instanz abgewiesen hat. Der Kläger erhielt Leistungen nach dem SGB II. Mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres wurde dem Kläger eine Betriebsrente in Höhe von 260,00 € gewährt. Die Rentenzahlungen gingen unmittelbar an die Ex-Frau des Klägers, der er sich gegenüber in einer notariellen Urkunde zur Zahlung eines Unterhalts von monatlich 1000,00 € verpflichtet hatte. Obwohl dem Kläger der an seine Ex-Frau gehende Betrag nicht zur Verfügung stand, rechnete die Hartz IV Stelle die Rente als Einkommen an, der Kläger erhielt entsprechend geringere Leistungen. Nach Auffassung des Landessozialgerichts war die vorgenommene Verrechnung nicht zu beanstanden. Dem Kläger wurden die Renteneinnahmen „fiktiv zugerechnet“. Zwar lag mit der notariellen Urkunde ein (vollstreckbarer) Unterhaltstitel gegen den Kläger vor. Die Urkunde konnte das Jobcenter ungeachtet dessen jedoch außer Betrachtung lassen. Bereits bei Abschluss der Vereinbarung zur Unterhaltszahlung war der Kläger bedürftig, sein eigenes Einkommen lag unterhalb der Beträge, die jedem Unterhaltsschuldner zur Sicherung der eigenen Existenz verbleiben müssen. So bedürftige Unterhaltsschuldner sind zu Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet. Demgemäß können sie sich auch in Bezug auf Hartz IV – Leistungen nicht verpflichten, Unterhaltszahlungen an ihren Ex-Partner zu leisten. Aufgrund der offenkundig eigentlich fehlenden Unterhaltsverpflichtung musste das Jobcenter nach Ansicht des Gerichts die notarielle Urkunde nicht berücksichtigen und so schlägt der Bogen zur gewählten Überschrift.

Misslich ist die Entscheidung doch, denn der Kläger ist, ungeachtet der Wertungen der Behörde, aufgrund der vorliegenden Urkunde seiner Ex-Partnerin weiter zu Zahlungen verpflichtet. Die Details der vertraglich übernommenen Unterhaltspflicht sind leider nicht überliefert, so dass die Möglichkeiten, sich von dieser zu lösen, nicht geprüft werden können. Im Grundsatz gilt allerdings: Auch mit Hilfe notarieller Vereinbarungen kann man sich bestimmter wesentlicher Unterhaltspflichten nicht entziehen. Die Übernahme nicht geschuldeter Beträge steht aber jedem frei. Der Kläger ist – sollte nun nicht noch eine höhere Instanz zu seinen Gunsten entscheiden – also „doppelt angeschmiert“.

Nicht nur bei Hartz-IV Bezug: Bevor man Unterhaltspflichten langfristig übernimmt, lässt man diese lieber noch einmal prüfen.

Eheliches Güterrecht

„Schatz, ich habe da mal deinen Versicherungsvertrag gekündigt“ … wenn der Partner die Familiengeschäfte betreibt

Wie wir vor einigen Wochen hier bereits dargestellt, gibt es keine allgemeine Mitverpflichtung-Befugnis von Ehepartnern: aus den Verträgen, die ein Ehepartner abschließt, haftet zunächst nur dieser, der andere Partner hat mit den so begründeten Schulden seines Ehegatten nichts zu tun. Die Ehe begründet keine Schuldengemeinschaft. Etwas anderes gilt jedoch für „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“. Bei solchen familiären Konsum-Geschäften werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet (!), auch wenn nur einer der Ehegatten -auf eigene Veranlassung und ohne Rücksprache mit den Ehepartner – tätig wird. Dass das Rede stehende Geschäft Familienbezug hat und eine Ehe besteht, muss dem Vertragspartner dabei nicht einmal offenbaren werden. Er kann sich bei Kenntniserlangung wegen der möglicherweise ausstehenden Vergütung auch an den anderen Ehepartner wenden.

Etwas altbacken spricht man von der sog. Schlüsselgewalt des handelnden Ehegatten. Als mögliche Geschäfte, die der Ehepartner in der vorbeschriebenen Form auch mit Wirkung für seinen Partner abschließen kann, kommen neben der Anschaffung von Lebensmitteln, auch der Kauf von Haushaltsgegenständen und Möbelstücken nebst Finanzierungsgeschäften, der Abschluss von Energielieferverträgen, die Beauftragung von Handwerkern mit Reparaturen in der Ehewohnung oder der Abschluss von Versicherungsverträgen (z.B. Hausrat und Pkw-Versicherung) in Betracht. Nicht abgeschlossen werden können mit Wirkung zu Lasten des anderen Ehegatten dagegen z.B. Darlehensverträge zur Finanzierung eines Hausbaus, auch die Anmietung und die Kündigung einer Mietwohnung sind nicht über die Schlüsselgewalt gedeckt.

Die in Rede stehenden Verträgen müssen der individuellen angemessenen Bedarfsdeckung dienen. Der Lebensstil der Familie und der ansonsten geübte Konsumstil der Familie müssen gewahrt bleiben. Ging es bisher nur zum Wandern in den Schwarzwald, bedürfte die Buchung einer Weltreise auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff wohl doch eher der vorherigen Abstimmung zwischen den Ehepartnern.

Haben sich die Ehegatten getrennt, haben sie die eheliche Gemeinschaft aufgehoben und leben getrennt, entfällt auch die Befugnis zur Mitverpflichtung des Ehegatten über die Schlüsselgewalt. Zudem kann jeder Ehegatte die Wirkungen der Schlüsselgewalt durch Erklärung gegenüber seinem Partner ausschließen, zumindest dann, wenn hierfür ein ausreichender Grund besteht. Gegenüber Dritten wirkt eine Ausschließung allerdings grundsätzlich nur dann, wenn sie im Güterrechtsregister eingetragen ist.

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 28.02.2018, Az. XII ZR 94/17) nochmals mit den Details der Schlüsselgewalt auseinandergesetzt. Im zugrunde liegenden Fall ging es um Versicherungsleistungen nach einem Vollkaskoschaden. Die Klägerin begehrte nach einem selbst verschuldeten Unfall mit dem Familien-Pkw von dem verklagten Kasko-Versicherer die Zahlung von Reparaturkosten in Höhe von ca. 13.000,00 € sowie die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der Ehemann hatte allerdings den zugrunde liegenden, von der Klägerin abgeschlossenen Kfz-Haftpflicht- und Vollkasko-Versicherungsvertrag, vor dem Unfallereignis gekündigt und mit der Beklagten einen neuen Versicherungsvertrag für das auf ihn zugelassene Familienfahrzeug abgeschlossenen. Der neue Vertrag enthielt keinen Vollkaskoversicherungsschutz mehr.
Im Verfahren berief sich die Klägerin nun auf die Unwirksamkeit der von ihrem Mann erklärten Kündigung, der Ehemann hätte den Vertrag nicht kündigen können, der Versicherungsvertrag in seiner Ursprungsform würde fortbestehen und die Beklagte wäre daher weiter zur Erbringung der Versicherungsleistung verpflichtet.
Dies sah der Bundesgerichtshof anders und bestätigte die Klageabweisung aus den Vorinstanzen. Der Ehemann sei im Rahmen der Schlüsselgewalt berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Der verunfallte Pkw sei der einzige Wagen der Familie gewesen, zudem sei die Zulassung auf den Ehemann erfolgt. Abschluss und Kündigung des Vertrages seien vorliegend Geschäfte zur angemessenen Deckung des Familienbedarfes gewesen. Und so bleibt die Familie nun auf ihrem Schaden sitzen.

Bei weiteren Fragen rund um das eheliche Güterrecht und die Vermögensauseinandersetzung im Fall der Scheidung stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Trennung?!

…und dann war da noch der gemeinsame Mietvertrag

Der Auszug ist schon längst vollzogen, die Rückkehr nahezu ausgeschlossen und dann kommt die Frage auf, was mit der Miete für die ursprünglich gemeinsam angemieteten Räume passiert? Allein der Auszug aus der Wohnung lässt die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nicht entfallen. Das böse Erwachen kommt dann nicht selten, wenn der Vermieter sich nach Monaten meldet und unter Hinweis auf die Zahlungsausfälle des ehemaligen Partners Zahlungen von dem Ausgezogenen begehrt. Da die gemeinsamen Vertragspartner sog. Gesamtschuldner sind, kann der Vermieter von jedem der Partner grundsätzlich nach seiner Wahl die komplette Miete verlangen: Jeder der Vertragspartner haftet auf die volle Verpflichtung. Nach erfolgter Trennung sollte daher auch das Mietverhältnis schnellstmöglich auseinanderdividiert werden.

Hierfür bestehen unterschiedliche Handlungsalternativen.

– Wollen die Partner die gemeinsame Wohnung nach der Trennung insgesamt aufgeben, so müssen sie das Mietverhältnis gemeinsam kündigen: es bedarf einer gemeinsamen, beiderseits unterschriebenen Kündigungserklärung gegenüber dem Vermieter.

– Sind sich die Partner darüber einig, dass und wer die ehemals gemeinsamen Räume weiter nutzen darf, können sie sich gemeinsam an den Vermieter mit der Bitte wenden, den Mietvertrag einvernehmlich umzugestalten und einen der Partner aus dem Mietvertrag für die Zukunft zu entlassen. Auf eine solche Umgestaltung des Mietvertrages muss sich der Vermieter allerdings nicht bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einlassen, er ist nicht verpflichtet, einen Partner aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Scheitert eine Vereinbarung zwischen den Partnern und dem Vermieter, bleibt nur der Weg über die gemeinsame Kündigung des Mietverhältnisses. Anders verhält es sich bei einer gescheiterten Ehe. Zumindest im Fall der Scheidung kann das ursprünglich bestehende Mietverhältnis durch eine einseitige Erklärung der ehemaligen Ehepartner gegenüber dem Vermieter in der Form umgestaltet werden, dass der Mietvertrag mit Rechtskraft der Scheidung nur noch mit einem der beiden Geschiedenen fortgesetzt wird. Mit Zugang der Erklärung wird das Mietverhältnis automatisch umgestaltet. Der Vermieter kann sich gegen die Umgestaltung des Mietverhältnisses nicht unmittelbar wehren. Die Entlassung eines Ehegatten aus dem Mietvertrag kann dieser allerdings zur Kündigung des Mietverhältnisses nutzen.

– Können sich die Partner nicht auf einen gemeinsamen Weg verständigen, muss differenziert werden, ob die Partner verheiratet sind oder eine gescheiterte nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt. Bei einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat der Ausziehende einen – auch notfalls gerichtlich einklagbaren – Anspruch gegen seinen ehemaligen Lebenspartner auf Mitwirkung an der gemeinsamen Kündigung des Mietverhältnisses. Der ehemalige Partner schuldet die Unterschrift unter die notwendige gemeinsame Kündigungserklärung.

Sittenwidrige Eheverträge

Am Ende der Liebe: Eheverträge und ihre Regelungen – nicht immer in Stein gemeißelt!

Warum die Beziehungen zwischen den Eheleuten mit Blick auf eine mögliche Trennung oder Scheidung oder dem Tod des Ehegatten nicht den individuellen Vorstellungen und Verhältnissen anpassen? Eheverträge geben den Ehegatten die Möglichkeiten, von den vom Gesetz sonst vorgesehenen vermögensrechtlichen Folgen der Eheschließung, einer Trennung und Scheidung abzuweichen und eine für sie maßgeschneiderte Lösung zu finden, die im Ernstfall bestenfalls Unstimmigkeiten und langwierige Streitereien verhindert. Verträge in diesem Bereich können neben Modifizierungen des gesetzlichen Güterstandes, also Regelungen dazu, was mit den wechselseitig in die Ehe „eingebrachten“ Vermögensmassen passiert, insb. auch Regelungen zum Versorgungsausgleich – also zur Altersversorgung – oder zum Unterhalt enthalten. Interessant sind die so gegebenen Gestaltungs-Möglichkeiten regelmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, für Selbständige oder Personen mit Betriebs- und Gesellschaftsanteilen.

Wegen der möglichen weitreichenden Folgen schreibt das Gesetz für den Abschluss eines Ehevertrages besondere formale Anforderungen auf. Es genügt nicht nur eine mündliche Vereinbarung oder eine schriftliche Verständigung zwischen den (zukünftigen) Eheleuten: Wirksam kann ein Ehevertrag vielmehr nur vor einem Notar geschlossen werden. Der Ehevertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Der Vertrag kann hierbei vor oder nach der Eheschließung, also während der Ehe geschlossen werden.

Der Abschluss unter Einbindung eines Notars bedeutet jedoch immer nicht, dass die zwischen den Eheleuten geschlossenen Vereinbarungen auf Dauer Bestand haben müssen. Auch bei grundsätzlich gegebenen weitreichenden Gestaltungsmöglichkeiten, sind bestimmte Mindeststandards zu wahren. Eheverträge sind so einer Wirksamkeits- und einer Ausübungskontrolle zu unterwerfen. Unwirksam sind danach Regelungen die sittenwidrig sind. Sittenwidrig in diesem Sinn und damit von Anfang an unwirksam sind solche Regelungen des Ehevertrages, die einen der beiden Ehegatten im Vergleich zur gesetzlichen Regelung einseitig, ohne Ausgleich benachteiligen und deren Abschluss Ausdruck einer strukturellen Unterlegenheit des belasteten Ehegatten sind. Ansatzpunkte für eine strukturelle Unterlegenheit eines Ehegatten können der Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmittelbar vor der Eheschließung, das Alter des Ehegatten, seine Herkunft und mangelnden Sprachkenntnisse oder auch das Bestehen einer Schwangerschaft bilden.

Selbst, wenn bei Vertragsschluss keine Anhaltspunkte für sittenwidrigen Regelungen gegeben sein sollten, können Regelungen bei einer maßgebenden Änderung der ursprünglich gegebenen oder angenommenen Lebensumstände unangemessen werden (gute Notarverträge weisen daher auf die regelmäßige Kontrolle des Ehevertrages und die mögliche Anpassung an geänderte Lebensumstände hin). Klassisches Beispiel für solche wesentlich veränderten Umstände ist die bei Vertragsschluss noch angenommene kinderlose Ehe mit einer Berufstätigkeit beider Ehegatten und die sodann tatsächliche Geburt eines oder mehrerer Kinder mit einer Berufsaufgabe. Sollten Regelungen bzw. das Festhalten hieran in diesem Sinn in der Zwischenzeit unangemessen erscheinen, wird dem begünstigten Ehegatten die Berufung auf die nun kritischen Bestimmungen verwehrt. Die Regelungen des Ehevertrages sind an die veränderten Bedingungen anzupassen.

Mit einem Fall sittenwidriger ehevertraglicher Regelungen hat sich Anfang Mai aktuell nochmals das OLG Oldenburg, Az. 3 W 21/17, beschäftigt. Nach der Pressemitteilung des Gerichtes stellte es Im Rahmen eines Erbscheinverfahrens die Nichtigkeit eines Ehevertrages fest, mit dem die das Verfahren betreibende Ehefrau auf Ansprüche auf Zugewinnausgleich und einer Beteiligung an Rentenansprüchen ihres Ehemannes sowie (zumindest teilweise) auf Unterhaltsansprüche verzichtet hatte. Die Ehefrau habe sich nach den Ausführungen des OLG bei Abschluss des Vertrages in einer Zwangslage und deutlich schlechteren Verhandlungsposition befunden: Sie sei zu diesem Zeitpunkt Auszubildende im Betrieb ihres 20 Jahre älteren zukünftigen Ehemannes und hochschwanger gewesen. Bei Nichtabschluss des Vertrages hätte sie die Absage der Hochzeit befürchten müssen. Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages war der Erbanteil der Ehefrau nun um den eigentlich ausgeschlossenen Zugewinnausgleich zu erhöhen.

Es kann sich daher lohnen, ehevertragliche Regelungen im Ernstfall noch einmal kritisch zu hinterfragen.

 

 

Unterhaltsberechnung?!

Die Höhe von Ansprüchen auf Unterhalt lässt man am Besten vom Fachmann erstellen bzw. überprüfen: gesetzliche Bestimmungen bedürfen der Auslegung und Anwendung auf den konkreten Einzelfall. Auch wenn Frauenzeitschriften und Ratgeber für den Scheidungsfall die wesentlichen Stichworte aufgreifen und erläutern, dürfte dem juristischen Laien die rechtssichere Anwendung auf seinen Fall – möglicherweise auch aufgrund einer besonderen emotionalen Einbindung – kaum möglich sein. Es kommt regelmäßig auf die Details an, die ohne Problembewusstsein, gar nicht in den Blick geraten. Zudem sollte man sich klar machen, dass die Rechtsprechung trotz einheitlich geltender gesetzlicher Bestimmungen nicht ohne Weiteres einheitlich ist. Normen werden von Gerichten durchaus unterschiedlich verstanden und angewandt.

In diesem Zusammenhang sind für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm vom Oberlandesgericht (unverbindliche) Leitlinien zur Behandlung unterhaltsrechtlicher Fragestellungen und unterhaltsrechtlicher Fragen erstellt worden, die eine einheitliche Rechtsprechung gewährleisten sollen. Die Leitlinien betreffen nicht nur Fragen des Ehegatten- und Kindesunterhalt, sondern auch des Elternunterhalt. Sie werden jährlich aktualisiert und auf der Homepage des Oberlandesgerichts veröffentlicht. Wer sich vor juristischen Vokabular und einer gewissen Abstraktheit nicht abschrecken lässt, dem sei ein Blick in die Leitlinien durchaus empfohlen. So lässt sich den Leitlinien (auch für den juristischen Laien verständlich) u.a. entnehmen, welche Einkommensarten neben dem regulären Arbeitseinkommen für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, welche Aufwendungen (z.B. für die Fahrten zur Arbeitsstelle) in Abzug zu bringen sind, in welchem Umfang Schulden absetzbar sind und welche Beträge dem Unterhaltsschuldner in jedem Fall verbleiben müssen.

Für den schnelleren Zugriff haben wir die Unterhaltsrichtlinien auf unserer Homepage unter dem Stichpunkt „Service“ verlinkt! Dort finden Sie auch die im Scheidungsverfahren benötigten amtlichen Formulare zum Versorgungsausgleich.

https://scheidung-bocholt.eu/service-formulare-link

Trennungsunterhalt

Kleine Einführung in das Unterhaltsrecht

Als erste Orientierung für den „Ernstfall“, werden wir in den nächsten Wochen einige Grundbegriffe des Unterhaltsrechts näher erläutern.

Aus der mit der Eheschließung begründeten Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft folgen wechselseitige Unterhaltspflichten der Ehegatten. Diese unterteilen sich – abhängig vom Status der Ehe – in

den Familienunterhalt, den Trennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt.

Die drei Unterhaltstatbestände unterscheiden sich hierbei nicht nur im Inhalt der Unterhaltspflicht, sondern vor allem in den Voraussetzungen sowie im Bezugsrahmen für die gegebenen Unterstützungspflichten.

Teil 1 – Familien- und Trennungsunterhalt

So wird Familienunterhalt von der Heirat bis zur Trennung der Ehegatten geschuldet. Er ist anders als der Trennungs- und nachehelichen Unterhalt nicht auf eine laufende Geldzahlung gerichtet und setzt anders als die übrigen Unterhaltstatbestände keine Bedürftigkeit, also Mittellosigkeit, des anderen Ehegatten voraus. Konzipiert ist der Anspruch vielmehr als gegenseitige umfassende Verpflichtung der Ehegatten durch ihre Arbeit oder ihr Vermögen alles das auf- und einzubringen, was beide Ehegatten nach ihren gemeinsamen Planungen zur Deckung der Haushaltskosten, des Lebensbedarfs ihrer gemeinsamen Kinder sowie der persönlichen Bedürfnisse benötigen.

Ab der Trennung der Ehegatten, die unter engen Voraussetzungen auch innerhalb der Ehewohnung erfolgen kann, bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe schuldet der leistungsfähige Ehegatte dem auf Unterstützung angewiesenen, bedürftigem Ehegatten Trennungsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch ist auf eine monatlich im Voraus zu leistende Geldzahlung gerichtet, bei deren Bemessung die bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse zugrunde gelegt werden. Maßgebend ist also der Lebensstandard der Beteiligten aus der Zeit ihres Zusammenlebens. Dieser Lebensstandard soll möglichst auch in der Trennungszeit für beide Partner aufrechterhalten bleiben. Gerechtfertigt wird dies trotz der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus der Überlegung, dass das Ende der Ehe auch bei einer Trennung noch nicht abschließend feststeht, Versöhnungsmöglichkeiten bestehen bzw. nicht behindert werden sollen. Die mit der Ehe ursprünglich übernommene wechselseitige Verantwortung der Ehegatten wirkt in dieser Phase, anders als nach der Scheidung, noch stark fort. Dies gilt insb. im ersten Trennungsjahr: So ist, sofern keine lediglich kurze Ehe in Rede steht, z.B. der in der Ehe nicht vollerwerbsfähige Ehegatte hier regelmäßig nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bestehende Erwerbstätigkeit auszubauen, um sich damit selbst versorgen zu können. Nur in Sondersituationen trifft den Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit.

Die konkrete Höhe des Unterhaltsanspruchs wird grundsätzlich mit Hilfe des sog. Halbteilungsgrundsatz ermittelt: Da beide Ehegatten am ehelichen Standard in gleicher Weise teilnehmen, ist jedem bei der Aufteilung des Einkommens Hälfte des insgesamt vorhandenen, verteilungsfähigen Einkommens zuzubilligen. Dem erwerbstätigen Ehegatten wird allerdings in Bezug auf sein Erwerbseinkommen ein sog. Erwerbstätigenbonus von 1/7 gewährt. Ist also nur einer der Ehegatten berufstätig, wird zur Unterhaltsberechnung zunächst das um Verbindlichkeiten bereinigte Einkommen beider Ehegatten ermittelt und sodann gegenübergestellt. Aus dem Differenzbetrag erhält der weniger verdienende Ehegatte grundsätzlich einen Anteil von 3/7.

Die Aufteilung des von den Ehegatten erzielten Einkommens erfolgt allerdings nicht unbeschränkt. Auch bei der Pflicht zur Unterhaltszahlung gibt es eine „Opfergrenze“: Dem Unterhaltsschuldner muss in jedem Fall ein Betrag verbleiben, mit dem er seinen eigenen Lebensbedarf decken kann. Dieser sog. Selbstbehalt liegt bei einem Erwerbstätigen aktuell bei 1.200,00 €. Liegt das Einkommen unter diesem Betrag wird Unterhalt mangels Leistungsfähigkeit nicht geschuldet.

Auch beim Erreichen des Selbstbehaltes sind Unterhaltsansprüche dann ausgeschlossen bzw. beschränkt, wenn vorrangige Unterhaltsverpflichtungen bestehen. So geht der Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder dem Anspruch des Ehegatten auf Trennungsunterhalt vor.

Wer der Ehegatten als erster aus der Ehe ausschert, spielt für die Frage des Unterhaltsanspruchs dagegen grundsätzlich keine Rolle. Auch der Ehegatte, von dem die Trennung ausgeht, kann daher bei Bedürftigkeit Unterhaltsansprüche geltend machen.

Unterhaltszahlungen können nur für die Zukunft beansprucht werden. Zur Sicherung der eigenen Ansprüche ist es daher wichtig, ausdrücklich Unterhaltszahlungen gegenüber dem Ehegatten geltend zu machen. Um im Streitfall die Anforderung und deren Zeitpunkt belegen zu können, sollte Unterhaltszahlungen schriftlich geltend gemacht werden.

Trennungsunterhalt wird nur bis zur Rechtskraft der Scheidung geschuldet. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt vorab durch einen gerichtlichen Beschluss titulieren lassen, so verliert dieser Unterhaltstitel mit der Rechtskraft der Scheidung seine Wirkung. Auf dieser Grundlage können weitere Zahlungen vom geschiedenen Ehegatten nicht geltend gemacht und durchgesetzt werden. Nach der Scheidung besteht unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelicher Unterhalt, der nach der Scheidung gesondert verfolgt werden muss.

Um das Bestehen von Unterhaltsansprüchen überhaupt prüfen zu können, haben die Ehegatten einen Anspruch auf Auskunft über die Einkommenssituation ihres Ehegatten und einen Beleganspruch. Wird die Auskunft nicht erteilt oder nicht vollständig erteilt, kann die Offenlegungspflicht auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt hat nach den gesetzlichen Bestimmungen einen besonderen Stellenwert: Anders als auf nachehelichen Unterhalt kann auf den Trennungsunterhalt bzw. auf die Geltendmachung von Familien- und Trennungsunterhalt genauso wenig wie auf die Geltendmachung von Familienunterhalt nicht wirksam verzichtet werden. Auch im Rahmen eines Ehevertrages ist ein solcher Verzicht nicht möglich. Ein gleichwohl von einem Ehegatten erklärter Verzicht hindert diesen daher nicht, dennoch Unterhalt zu beanspruchen.